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#reflexion – @noxe on Tumblr
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NOXE

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Jakob Blumtritts Tagesgeschäft: die ästhetischen Sinne der Philosophie des Geistes; und der Geist ward der nervöse Genius der Materie.
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EINE SITUATION DES PHILOSOPHIERENS

Zweck der Philosophie ist es vielleicht, idealistisch gesprochen, dafür zu sorgen, dass das Bewusstsein zum reflektiertesten Sein wird.1 Man muss also die Möglichkeit eines unendlich negierbaren Seins denken können, so dass in diesem Fall der Satz vom unzureichenden Grund lautet, dass das Subjekt als die absolute Negativität des Seins gedacht werden kann. Eine Entdeckung dabei beinhaltet, dass in…

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REFLEXIONEN AUS DER BESCHÄDIGTEN SPRACHE

»Ich würde mich gerne mit einem einzigen Wort begnügen, rein und lebendig gehalten in seiner Abwesenheit, hätte ich durch es nicht das ganze Unendliche aller Sprachen zu tragen.«1

I.

Reflexionen aus der beschädigten Sprache entzünden sich daran, dass die Sprache nicht nur roh, sondern auch stumm ist. Mögen die Menschen auch noch soviel reden, sie vergessen, dass die Sprache tot ist, weil das…
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Es kommt alles darauf an, daß die Vortrefflichen das Inferieure, die Schönern das Barbarische nicht zu sehr von sich ausschließen, sich aber auch nicht zu sehr damit vermischen, daß sie die Distanz, die zwischen ihnen und den andern ist, bestimmt und leidenschaftlos erkennen, und aus dieser Erkenntnis wirken, und dulden. Isolieren sie sich zu sehr, so ist die Wirksamkeit verloren, und sie gehen in ihrer Einsamkeit unter. Vermischen sie sich zu sehr, so ist auch wieder keine rechte Wirksamkeit möglich, denn entweder sprechen und handeln sie gegen die andern, wie gegen ihresgleichen, und übersehen den Punkt, wo diesen es fehlt, und wo sie zunächst ergriffen werden müssen, oder sie richten sich zu sehr nach diesen, und wiederholen die Unart, die sie reinigen sollten, in beiden Fällen wirken sie nichts und müssen vergehen, weil sie entweder immer ohne Widerklang sich in den Tag hinein äußern, und einsam bleiben mit allem Ringen und Bitten oder auch, weil sie das Fremde, Gemeinere zu dienstbar in sich aufnehmen und sich damit ersticken.

Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke. Kleine Stuttgarter Ausgabe, Herausgegeben von Friedrich Beissner, Bd. 4, Theoretische Schriften, Reflexion, S. 246, Stuttgart 1946-1962, >.   

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Wollen wir uns finden, so dürfen wir nicht in unser Inneres hinabsteigen: draußen sind wir zu finden, draußen. Wie der wesenslose Regenbogen spannt sich unsere Seele über den unaufhaltsamen Sturz des Daseins. Wir besitzen unser Selbst nicht: von außen weht es uns an, es flieht uns für lange und kehrt uns in einem Hauch zurück.

Hugo von Hofmannsthal, Gesammelte Werke in zehn Einzelbänden,  Erzählungen, Erfundene Geschichten, Gespräche und Briefe, Reisen. Hrsg. v. Bernd Schoeller in Beratung mit Rudolf Hirsch, Das Gespräch über Gedichte, S. 497, Frankfurt/M. 1979.

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Ein grundlegendes Motiv für die hier angestellten Überlegungen ist das nagende Unbehagen am herrschenden Widerspruch zwischen Theorie von Gesellschaft und gesellschaftlicher Praxis. Wenn man sich nicht beibringen lässt, reale Unstimmigkeiten auszublenden und sich ihnen gegenüber unempfindlich und gedankenlos zu machen, kann man sich in der Gesellschaft nur gründlich falsch fühlen, da dort immer das Verkehrte verlangt wird: die inneren Widersprüche, die den äußeren entspringen, zu unterdrücken und auszublenden und sich gegen das unter Menschen herrschende unnötige Übermaß an Elend und Unglück abzuhärten und es als notwendig und naturgemäß anzuerkennen. Die Rede auf das zu lenken, was die Subjekte zu verdrängen gewohnt sind, wird häufig als befremdlich und ermüdend empfunden und nicht selten als Gewalttat wahrgenommen. Infolgedessen wird schon dem Versuch, zur Sprache zu bringen, was man sich und anderen durch Anpassung ans Herrschende antut und dabei erleidet, gemeinhin eine Abwehr entgegengebracht, die angesichts des Ausmaßes, in denen Leib und Leben betreffende Angriffe und Zumutungen weggesteckt und ausgehalten werden, grotesk ist. Gespräche darüber sind nur unter Vorbehalt möglich: der kritischen Reflexion von Erkenntnis und Erfahrung wird mit Unmut und Ausflüchten begegnet; Vorrang hat die praktische Bewältigung des Daseins. […] Was in den Augen des Kritikers möglich ist, darüber fällt die gesellschaftliche Front ein anderes Urteil; ihr grausamer Wirklichkeitssinn pariert unausgesetzt die Möglichkeit eines Besseren. […] Das Verhältnis von Theorie, die zu richtiger Praxis drängt und Praxis, die so übermächtig und furchtbar ist, dass es die Einzelnen zu falschen Theorien drängt — oder zur Instrumentalisierung von richtigen —, lässt sich nicht eindeutig klären, sondern nur in der dem Verhältnis eigenen Widersprüchlichkeit, die weder einfach noch logisch vermittelt werden kann und auch darum schwer zu fassen ist. Die richtige Vermittlung hängt indes grundlegend vom Vermögen des Einzelnen ab, das Ganze in der diesem innewohnenden Dialektik geistig und leiblich zu erfahren. Ein solcherart sich entfaltender Begriff von Dialektik birgt erst die Möglichkeit, die zu Unrecht entzweiten Ebenen durch Aufklärung und Vertiefung der jeweils anderen einander wieder anzunähern und sie als zusammengehörig und voneinander abhängend zu begreifen — ebenso wie das Zusammengezwungene als nicht-identisch. Ein Begriff von Dialektik, der nicht nur formal gefasst ist, bedeutet zwangsläufig das Erleiden der tiefen Risse, die die Subjekte durchziehen, die Dinge und das Verhältnis von Subjekten und Dingen. Mit Notwendigkeit auftauchende Lücken in den vermittelten Verhältnissen und Gegenständen werden durch die Vorstellung übertüncht, die keine Leere vorzustellen vermag. Als in der Wirklichkeit begründete lassen die leeren Stellen sich nicht durch Bewusstsein füllen — genau zu dieser Einbildung drängt jedoch das verselbständigte Denken die Gedanken. Der Illusion zu folgen, führt aber nur zur immer weiteren Ausdehnung des Bewusstseinszimmers, von dem schon Nietzsche zu Recht mit Grausen sprach.
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»Ich will nicht wissen, wer ich bin.«

»Ich will nicht wissen, wer ich bin.«1 – Es wird das Ich nicht mehr geben, da es dasLesen und dasSchreiben auch nicht mehr geben wird. Man wird zwar weiterhin einen Spiegel der Weltaufstellen, dessen Position unbestimmt, dessen Weltausschnitthaftigkeit in…
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»Das kafkaeske Problem.«

Denken gehen, heißt der Begierde nachzugehen. Erst dieses offenbart die Gabe des Denkens, vor dem es kein Entfliehen gibt, und vor dem man auch nicht ankommt. Nicht nur das Reale sorgt dafür, daß das Subjekt gespalten auftritt, oder sein Verhältnis in…
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"Die Reflexion kennen wir Heutigen nur in der Gestalt der Reflexion der Subjektivität. Deshalb befürchten wir, bei der gleichfalls üblichen Gleichsetzung der Subjektivität mit der Ichheit des vereinzelten Ichs, die Reflexion sei der Nährboden des Individualismus und der Eigensucht. Allein dem ist entgegenzuhalten, daß in dieses Wesen der Reflexion von der Art eines selbstsüchtigen Eigensinns nicht nur einzelne Menschen, sondern ganze Gruppen und Bünde, Nationen und Völker, ja das ganze Menschentum der Erde weggerissen und verstrickt sein können. Der reflektierende Rückbeziehung braucht nicht notwendig auf ein vereinzeltes abgesondertes ›Ich‹ zu treffen, wohl aber trifft sie stets auf ein Selbst. Das Ich und das Selbst aber sind nicht das Selbe. Es gibt nicht nur das Ich-selbst, sondern das Du-selbst, aber auch das Wir-selbst, das Ihr-selbst. Für das jeweilige Wesen der Reflexion ist entscheidend, wie die Selbstheit des Selbst bestimmt wird und umgekehrt."

Martin Heidegger, Gesamtausgabe, II. Abteilung: Vorlesungen 1923-1944, Bd. 55, Heraklit. Der Anfang des abendländischen Denkens. Logik. Heraklits Lehre vom Logos, Freiburger Vorlesungen Sommersemester 1943 und Sommersemester 1944, Herausgegeben von Manfred von Manfred S. Frings, S. 219, Frankfurt/M. 1994. 

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»Ich will nicht wissen, wer ich bin.«1 – Es wird das Ich nicht mehr geben, da es das Lesen und das Schreiben auch nicht mehr geben wird. Man wird zwar weiterhin einen Spiegel der Welt aufstellen, dessen Position unbestimmt, dessen Weltausschnitthaftigkeit in seiner Bestimmtheit nur abhängig bildendes erlaubt, dennoch eröffnet dieser Spiegel der Welt nichts weniger als die Chance auf selbstständige, weil erwartungswidrige Reflexion. Seit dem man entdeckt hat, dass die eigene Weltausschnitthaftigkeit einen entsetzt, treibt man aus dem Fürsichsein im Maßanzug heraus seine Unheimlichkeitsauslese. So wird das Leben in Nirgendheim sein. Aber wie nur ist man zu diesem Fürsichsein gekommen? Und wie nur ist man in diesen Maßanzug hineingeraten? - Denn es ist praktisch Wahnsinn, dass man sich darin zu erblicken vermag. Was man im Spiegel betrachten kann, wenn man in diesen hineinschaut, lässt kaum mehr als etwas Befangenes erblicken, so dass sich einem zumindest etwas abzeichnet, was der Satz, Ich will nicht wissen, wer ich bin, bedeuten kann. Daß man etwas davon wiedererkennt, das sieht nur so aus. Man kann in diesem Fall wirklich nicht von Glück reden. Dass man unter Entsetzen sich nicht mehr wiedererkennen, sich entstellt erblicken würde, das zumindest würde einem noch eine Chance aufs Glück offenhalten. Jedoch zum Grauen darf man nicht allein bleiben, dazu braucht man noch immer jemand anderen. Man photographiert das Ganze: Man sieht einen Mann in einem billigen Kostüm, neben dem eingerahmten Bild schreibt man auf den breiten geometrisch exakten Rand: Gefahr im Anzug.

Dadurch, dass in dieser Welt alles durchrationalisiert wird, wird man im Leben um alles betrogen. Zu konstatieren, dass es nicht, nicht mehr das Ich geben kann, was, so vermutet man, nicht einmal mehr die erste und einzige Enttäuschung bleiben wird, wird einem auf jeden Fall klar machen, dass man in der Hölle der Enttäuscher und Enttäuschten gelandet ist. Es ist eventuell nur noch eine letzte Illusion, die den melancholischen Genius zu den interpretierenden Impulsen dieser Welt provoziert. Verselbständigt produziert sie seinen Realismus als eine Droge, die in einem einzigen Resümee, die Kosten sind für die Überzeugung, dass das Anorganische das unwahrscheinlichste Potential der beseelten Welt ist. Der Spiegel der Welt, so abwesend er sich auch zu dieser Welt verhält - (da sie sich außerhalb seiner Reichweite nicht zeigt, obwohl sie in der Spaltung der Sinnlichkeit sich unabhängig von diesem zu ereignen erscheint), vermag deren Erscheinen als reflektierte Gestalt dennoch selbständig hervorbringen, da er sie doch wider erwartungswidrig zu reproduzieren vermag.

Man ist also ein flüchtig hingemachter Mann. Man ergibt nicht vielmehr als ein Strichmännchen, dessen Einsamkeit und die Warenwelt, unversöhnlich auseinanderbrechend, nichtsdestotrotz Korrelate bleiben; dem auf seine Inwendigkeit zurückgeworfenen Subjekt werden die anderen und anderes draußen, die ihm ihr Gesetz heteronom, unbegreiflich aufzwingen, zu kleinen bizarren Maschinen des automatischen Subjekts. Um sie zu ertragen, regrediert man einsam, als vernichtete man sich selbst, in die Jahre seiner vorindividuellen Existenz, lacht eben über das, was einem Panik bereitet. Das Lächeln als Zeichen einer Insichgekehrtheit, als empfindliche Abgesondertheit von jemand, den etwas Bestimmtes quält. Man weiß durchaus darum, mag man auch nicht so genau wissen, wie das geartet ist, erst recht nicht, wohin es einen führen wird, so ist es doch mit ziemlicher Sicherheit keine fortwährende Fröhlichkeit, kein lautes Lachen, das einen schüttelt. Es sind Affekte, in denen sich der Humor nur gelegentlich äußert, als Witz eines Bewußtseins von etwas Abgründigen, das man geradezu lustvoll mit einem Lächeln quittiert. Bewegt von einer düsteren Fröhlichkeit, durchdrungen von melancholischer Komik, wehrt man mit diesem Lächeln zugleich das alltägliche Grauen ab, das aus sämtlichen Ritzen quillt.2

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1 Man hört, nach dem man Friedhofspfleger von Heiner Müllers Grab die letzte Erde der Grube fest trampeln sieht, in dem Dokumentationsfilm »Ich will nicht wissen, wer ich bin« Heiner Müller's Stimme aus dem Off: „Im Notfall kann man sich immer auf Goethe zurückziehen, in Deutschland, und er hat es sehr schön gesagt: Gott bewahre mich davor, mich selbst zu erkennen, ich will nicht unbedingt wissen.“ - »Ich will nicht wissen, wer ich bin«, ein Film von Christoph Rüder und Thomas Irmer, Deutschland 2009, >.

2 Vgl. Noxe, Nov. 12, 2012, >; Noxe, Dez. 24, 2012, >.   

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Nur insofern die Reflexion Beziehung aufs Absolute hat, ist sie Vernunft, und ihre That ein Wissen; durch diese Beziehung vergeht aber ihr Werk, und nur die Beziehung besteht, und ist die einzige Realität der Erkenntniß; es gibt deßwegen keine Wahrheit der isolirten Reflexion, des reinen Denkens, als die ihres Vernichtens. Aber das Absolute, weil es im Philosophiren von der Reflexion für Bewußtseyn producirt wird, wird hierdurch eine objektive Totalität, ein Ganzes von Wissen, eine Organisation von Erkenntnissen; in dieser Organisation ist jeder Theil zugleich das Ganze, denn er besteht als Beziehung auf das Absolute; als Theil, der andre außer sich hat, ist er ein Beschränktes und nur durch die andern; isolirt als Beschränkung ist er mangelhaft, Sinn und Bedeutung hat er nur durch seinen Zusammenhang mit dem Ganzen. Es kann deßwegen nicht von einzelnen Begriffen für sich, einzelnen Erkenntnissen, als einem Wissen die Rede sein. Es kann eine Menge einzelner empirischer Kenntnisse geben; als Wissen der Erfahrung zeigen sie ihre Rechtfertigung in der Erfahrung auf, d.h. in der Identität des Begriffs und des Seins, des Subjekts und Objekts; sie sind eben darum kein wissenschaftliches Wissen, weil sie nur diese Rechtfertigung in einer beschränkten, relativen Identität haben und sich weder als nothwendige Theile des Bewußtseyn organisirten Ganzen der Erkenntnis legitimiren, noch die absolute Identität, die Beziehung auf das Absolute in ihnen durch die Spekulation erkannt worden ist.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Differenz des Fichte’schen und Schelling’schen Systems der Philosophie, in: Georg Wilhelm Friedrich Hegel – Jenaer kritische Schriften, Hamburg 1999, S. 19.

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Denn der hat viel gewonnen, der das Leben verstehen kann, ohne zu trauern.

Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Kleine Stuttgarter Ausgabe, Bd. 4, Reflexion, S. 246 f., Stuttgart 1962.

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