Wäre es nicht besser, dem Tode den Platz in der Wirklichkeit und in unseren Gedanken einzuräumen, der ihm gebürt, und unsere unbewußte Einstellung zum Tode, die wir bisher so sorgfältig unterdrückt haben, ein wenig mehr hervorzukehren? Es scheint das keine Höherleistung zu sein, eher ein Rückschritt in manchen Stücken, eine Regression, aber es hat den Vorteil, der Wahrhaftigkeit mehr Rechnung zu tragen und uns das Leben wieder erträglicher zu machen. Das Leben zu ertragen bleibt ja doch die erste Pflicht aller Lebenden. Die Illusion wird wertlos, wenn sie uns darin stört.
Wir erinnern uns des alten Spruchs: Si vis pacem, para bellum.
Wenn du den Frieden erhalten willst, so rüste zum Kriege.
Es wäre zeitgemäß ihn abzuändern: Si vis vitam, para mortem.
Wenn du das Leben aushalten willst, richte dich auf den Tod ein.
Sigmund Freud, Zeitgemäßes über Krieg und Tod, II Unser Verhältnis zum Tode, in: Imago, Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften IV, 1915, S. 20, via.