»Ich war glücklich.«1 – Dort, wo du nicht bist, ist das Glück, und dort, wo du nicht Menschen »begegnest«, wäre es vielleicht. In dieser doppelten Verneinung behauptet dies ein Glück, daß präzise gewußt wird. Glück könnte also noch einmal werden, wenn ein Mensch verwirklicht wird und ihm nicht, nicht mehr begegnet wird. Der ungläubige Thomas2 hätte für alle Zeit seiner Enttäuschung im Hinblick auf das unbestreitbarste Reale den Ausdruck verleihen können: »Ich habe den Menschen gesehen, und ich habe ihn berührt, und trotzdem war da nichts. Der Mensch existiert nicht: ich bin ihm begegnet«.3
1 „Mit dem Glück ist es nicht anders als mit der Wahrheit: Man hat es nicht, sondern ist darin. Ja, Glück ist nichts anderes als das Umfangensein, Nachbild der Geborgenheit in der Mutter. Darum aber kann kein Glücklicher je wissen, daß er es ist. Um das Glück zu sehen, müßte er aus ihm heraustreten: er wäre wie ein Geborener. Wer sagt, er sei glücklich, lügt, indem er es beschwört, und sündigt so an dem Glück. Treue hält ihm bloß, der spricht: ich war glücklich. Das einzige Verhältnis des Bewußtseins zum Glück ist der Dank: das macht dessen unvergleichliche Würde aus.“ [Theodor W. Adorno, GS 4, MM. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Zweite Lese, S. 126, Frankfurt/M. 2003.]
2 „Am Abend aber desselben ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten ein und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, daß sie den HERRN sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmet hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. Thomas aber, der Zwölf einer, der da heißt Zwilling, war nicht bei ihnen, da Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den HERRN gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Es sei denn, daß ich in seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, will ich's nicht glauben. Und über acht Tage waren abermals seine Jünger drinnen und Thomas mit ihnen. Kommt Jesus, da die Türen verschlossen waren, und tritt mitten ein und spricht: Friede sei mit euch! Darnach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und siehe meine Hände, und reiche dein Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein HERR und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, glaubest du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ [Luther-Bibel 1912, Das Johannesevangelium, Kap. 20, V. 19-29, S. 27.]
3 „Manchmal rühren an einen die Urfragen: Was ist der Mensch? - Wo kommt er her? - Warum ist er nicht dort geblieben?“ [Matthias Beltz] „Woher kommen wir, wohin gehen wir, wer soll das alles bezahlen“, spricht der Verlagsvertreter des Meiner Verlages.