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NOXE

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Jakob Blumtritts Tagesgeschäft: die ästhetischen Sinne der Philosophie des Geistes; und der Geist ward der nervöse Genius der Materie.
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Sexus und Eros

Dem Sexus kommt es darauf an: »Weib ist Weib« und »Mann ist Mann«.

Eros aber deckt den Leib: Weib ist Mann und Mann ist Weib.

Sucht das Tier den Unterschied, Paart der Geist sich, wo es flieht.

Karl Kraus, Schriften (Hrsg. v. Christian Wagenknecht), Bd. 8, Aphorismen, Sprüche und Widersprüche, 1. Weib, Phantasie, S. 26, Frankfurt am Main 1986. Bibliographische Notiz: Karl Kraus, Sprüche und Widersprüche. Wien / Leipzig: Verlag »Die Fackel« 1924. –, Pro domo et mundo. Leipzig: Verlag der Schriften von Karl Kraus (Kurt Wolff) 1919. –, Nachts. Wien / Leipzig: Verlag »Die Fackel« 1924. 

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Der Depressive wehrt sich nicht gegen den Tod, sondern gegen die durch das erotische Objekt ausgelöste Angst. Der Depressive erträgt Eros nicht, er zieht das Ding vor, bis zur Grenze, bis hin zum negativen Narzißmus, der ihn Thanatos in die Arme treibt. Durch seinen Kummer gegen Eros gefeit, aber, da bedingungslos dem Ding hingegeben, schutzlos gegen Thanatos: Als Bote des Thanatos ist der Melancholiker Komplize und Zeuge zugleich der Fragilität des Signifikanten, der Prekarität des Lebenden.

Julia Kristeva, Schwarze Sonne. Depression und Melancholie, S. 28, Ffm. 2013.

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Ich wartete auf Vera in einem modrigen Zimmer mit dreibeinigen Sesseln, einem Lehmofen und feuchten, fleckigen Ecken. Ich war so lange gequält und durch die Stadt geschleift worden, dass mir selbst die Liebe als Feind, als ein klebriger Feind erschien … Auf dem Korridor schlurfte fremdes Leben und entlud sich in jähen Lachsalven. In einem Fläschchen voll milchiger Flüssigkeit starben Fliegen. Jede starb auf ihre Art. Bei einer dauerte die Agonie lang, mit heftigen Todeskämpfen; eine andere starb kaum merklich zitternd. Neben den Fläschchen lag auf dem abgewetzten Tischtuch ein Buch, ein Roman von Golovin aus dem Leben der Bojaren. Ich schlug es aufs Geratewohl auf. Die Buchstaben formierten sich zu einer Reihe und gerieten durcheinander. Vor mir verlor sich im Quadrat des Fensters eine felsige Höhe, ein krummes türkisches Sträußchen. Vera trat ins Zimmer.«

Isaac Babel, Mein Taubenschlag: Sämtliche Erzählungen (In der Übersetzung von Bettina Kaibach & Peter Urban), Von Odessa nach Petersburg, Mein erstes Honorar, S. 67 f., München 2014, >.

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Der volltönende Satz: jede Angst sei eigentlich Todesangst, schließt kaum einen Sinn ein, ist jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Es scheint mir vielmehr durchaus richtig, die Todesangst von der Objekt-(Real-)Angst und von der neurotischen Libidoangst zu sondern. Sie gibt der Psychoanalyse ein schweres Problem auf, denn Tod ist ein abstrakter Begriff von negativem Inhalt, für den eine unbewusste Entsprechung nicht zu finden ist. Der Mechanismus der Todesangst könnte nur sein, daß das Ich seine narzißtische Libidobesetzung in reichlichem Ausmaß entläßt, also sich selbst aufgibt, wie sonst im Angstfalle ein anderes Objekt. Ich meine, daß die Todesangst sich zwischen Ich und Über-Ich abspielt. Wir kennen das Auftreten von Todesangst unter zwei Bedingungen, die übrigens denen der sonstigen Angstentwicklung durchaus analog sind, als Reaktion auf eine äußere Gefahr und als inneren Vorgang, zum Beispiel bei Melancholie. Der neurotische Fall mag uns wieder einmal zum Verständnis des realen verhelfen. Die Todesangst der Melancholie läßt nur eine Erklärung zu, daß das Ich sich aufgibt, weil es sich vom Über-Ich gehaßt und verfolgt anstatt geliebt fühlt. Leben ist also für das Ich gleichbedeutend mit Geliebtwerden, vom Über-Ich geliebt werden, das auch hier als Vertreter des Es auftritt. Das Über-Ich vertritt dieselbe schützende und rettende Funktion wie früher der Vater, später die Vorsehung oder das Schicksal. Denselben Schluß muß das Ich aber auch ziehen, wenn es sich in eine übergroßen realen Gefahr befindet, die es aus eigenen Kräften nicht glaubt überwinden zu können. Es sieht sich von allen schützenden Kräften verlassen und lässt sich sterben. Es ist übrigens immer dieselbe Situation, die dem ersten großen Angstzustand der Geburt und der infantilen Sehnsucht-Angst zugrunde lag, die der Trennung von der schützenden Mutter. Auf Grund dieser Darlegungen kann also die Todesangst wie die Gewissensangst als Verarbeitung der Kastrationsangst aufgefaßt werden. Bei der großen Bedeutung des Schuldgefühls für die Neurosen ist es auch nicht von der Hand zu weisen, daß die neurotische Angst in schweren Fällen eine Verstärkung durch die Angstentwicklung zwischen Ich und Über-Ich (Kastrations-, Gewissens-, Todesangst) erfährt. Das Es, zu dem wir am Ende zurückführen, hat keine Mittel, dem Ich Liebe oder Haß zu bezeugen. Es kann nicht sagen, was es will; es hat keinen einheitlichen Willen zustande gebracht. Eros und Todestrieb kämpfen in ihm; wir haben gehört, mit welchen Mitteln sich die einen Triebe gegen die anderen zur Wehr setzen. Wir könnten es so darstellen, als ob das Es unter der Herrschaft der stummen, aber mächtigen Todestriebe stünde, die Ruhe haben und den Störenfried Eros nach den Winken des Lustprinzips zur Ruhe bringen wollen, aber wir besorgen, doch dabei die Rolle des Eros zu unterschätzen.

Sigmund Freud, GW XIII, Das Ich und das Es, V. Die Abhängigkeiten des Ichs, S. 288 f., Frankfurt/M. 1999.  

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In der Erotologie des Verdammten – so könnte man die von Baudelaire nennen – sind Unfruchtbarkeit und Impotenz die entscheidenden Gegebenheiten. Sie allein sind es, die den grausamen und verrufenen Triebmomenten in der Sexualität den rein negativen Charakter geben. Sie verlieren ihn nämlich im Akt der Zeugung ebenso wie im Aktus des lebenslänglichen Verhältnisses (kurz der Ehe). Diese auf lange Sicht gestifteten Wirklichkeiten – das Kind, die Ehe – hätten nicht die geringste Gewähr für ihre Dauer, wenn nicht die destruktiven Energien des Menschen in ihre Stiftung eingingen, zu deren Solidität sie nicht weniger sondern mehr beitragen als viele andere. In diesem Beitrage aber sind sie soweit legitimiert als dies für die entscheidenden menschlichen Triebregungen in der gegenwärtigen Gesellschaft überhaupt dargestellt werden kann.

Der gesellschaftliche Wert der Ehe beruht entscheidend auf ihrer Dauer, indem in dieser letzten die Vorstellung einer letzten endgültigen aber lebenswierig aufgeschobenen »Auseinandersetzung« der Gatten beschlossen liegt; vor dieser Auseinandersetzung bleiben die Gatten bewahrt solange die Ehe dauert, also grundsätzlich lebenslang.

  — Walter Benjamin: Das Passagen-Werk, Frankfurt am Main 1983, S. 438 

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Das erotische Element in der Phantasie geht aber über den Ausdruck der pervertierten Strebungen hinaus. Es zielt auf eine “erotische Wirklichkeit” ab, wo die Lebenstriebe in einer Erfüllung ohne Verdrängung und Unterdrückung zur Ruhe kämen. Dies ist letztlich der Inhalt des Phantasie-Vorgangs in seinem Widerspruch gegen das Realitätsprinzip: kraft dieses Inhalts spielt die Phantasie eine einzigartige Rolle in der seelischen Dynamik.

Marcuse, Herbert: Triebstruktur und Gesellschaft. Ein philosophischer Beitrag zu Sigmund Freud. Frankfurt am Main, 1970, S. 146. (via xonethousandcriesx)

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nokturn
FERNEN - Aug in Aug, in der Kühle, laß uns auch solches beginnen: gemeinsam laß uns atmen den Schleier, der uns voreinander verbirgt, wenn der Abend sich anschickt zu messen, wie weit es noch ist von jeder Gestalt, die er annimmt, zu jeder Gestalt, die er uns beiden geliehn.

Paul Celan: Fernen, in: Jürgen Wertheimer (Hg.): Paul Celan - Von Schwelle zu Schwelle, Vorstufen - Textgenese - Endfassung, Frankfurt am Main 2002, S.27.

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